Fanverein trotzt Red Bull : Austria Salzburg

  • Protest verleiht Flügel
    2005 übernahm Red Bull den österreichischen Erstligisten Austria Salzburg. Name und Farben wurden ausgetauscht, Fans vergrault. Die gründeten ihren Klub neu. Nun steht er vor der Rückkehr in den Profifußball.
    Endlich, hat Andreas Laner damals gedacht. Endlich keine Schulden mehr, nie wieder um die Lizenz bangen. Endlich hatte sich ein Investor gefunden, um die chronisch klamme Austria zu retten. Und dazu noch ein Salzburger Unternehmen – besser hätte es nicht laufen können, dachte er. So dachten fast alle Fans des österreichischen Bundesligisten Austria Salzburg, manche träumten schon von der Champions League. Nur ein befreundeter Fan fragte Laner, nachdem sich die erste Euphorie gelegt hatte: „Laufen wir jetzt in Silber-Blau auf wie die Dosen?“ Was für eine abwegige Idee, dachte Laner, und antwortete nur: „Na, das wird der Mateschitz nicht machen.

    Red Bull wollte Verein ohne Vergangenheit
    Damals, im Frühjahr 2005, glaubte er noch, Red Bull sei die Rettung. Doch Dietrich Mateschitz will die Austria nicht retten, wie sich schon bald herausstellt, sondern einen Verein mit neuem Image ohne Vergangenheit erschaffen. Er lässt die Vereinsfarben an die seines Konzerns anpassen; von nun an laufen die Spieler in weißen Trikots, roten Hosen und weißen Stutzen auf. Nur zu einem Kompromiss ist er bereit: Die Stutzen des Torwarts, das Logo des Trikotherstellers auf der Brust und die Kapitänsbinde dürfen violett bleiben.


    Andreas Laner, 25, ist Mitglied der Union Ultra '99, einer der größten Fan-Gruppen der Austria. Zum ersten Heimspiel unter Red Bull ist er noch ins Stadion gegangen. Schon auf dem Weg dorthin kommt er an Schminkständen für Kinder und jonglierenden Stelzenläufern vorbei. Im Stadion läuft Techno-Musik, auf allen Werbebanden prangt das Logo von Red Bull, zwei Stadionsprecher kommentieren das Spiel live über die Lautsprecher. „Da war für mich der Fußball in Salzburg gestorben“, sagt er heute.
    Anhänger gründen Austria Salzburg neu
    Nicht nur für ihn. Wenige Monate danach gründen die Anhänger der alten Austria den Sportverein SV Austria Salzburg neu. Zum Frühjahr 2006 gehen sie zunächst eine Spielgemeinschaft mit dem PSV Salzburg in der vierten Liga ein, die aber nur ein halbes Jahr anhält. Die anderen Sportabteilungen wollen nicht mitmachen. Es kommt zum Bruch und dem endgültigen Neustart in der siebten Liga. Ganz unten. Während der FC Red Bull Salzburg seit der Übernahme die österreichische Konkurrenz abgehängt und sich allmählich auch in Europa Respekt verschafft hat, hat sich Austria Salzburg durch die Amateurligen gekämpft. Vor dem Rückrundenstart am kommenden Wochenende steht die Mannschaft auf dem ersten Tabellenplatz der drittklassigen Regionalliga – ein Aufstieg noch, und der Fanverein wäre zurück im Profifußball, von der siebten in die zweite Liga in acht Jahren. In dieser Zeit haben die Fans alles selbst organisieren müssen: den Platz markieren, Trikots und Bälle besorgen, Tickets verkaufen. „Fußball kann so einfach sein, aber wo soll man anfangen?“, sagt Laner und klingt ein wenig verzweifelt, wenn er davon erzählt.

    "Keiner von uns hatte Ahnung vom Funktionärswesen"

    Bevor es 2006 endlich losgeht, brauchen sie erst einmal eine Mannschaft. Als die Anmeldefrist für den Spielerkader schon fast abgelaufen ist, füllen sie die fehlenden Plätze einfach mit Namen von Fans auf. Auch David Rettenbacher steht auf der Liste, wie er erst viel später erfährt. Dabei hat er seit zehn Jahren nicht mehr gespielt. „Keiner von uns hatte Ahnung vom Funktionärswesen“, sagt er über diese Pionierzeit. Rettenbacher, Jahrgang 1982, ist auch Ultra-Mitglied. Bei Heimspielen verkauft er noch heute Eintrittskarten und kümmert sich ums Geschäft: „Ich bin dafür zuständig, dass auf den Toiletten die Klopapierrollen nicht ausgehen“, sagt er mit einem gewissen Stolz. „Mir taugt das.“


    Beim Neustart in der letzten Liga erfüllt sich ein Traum


    Für Andreas Laner geht mit dem Neustart in der letzten Liga auch ein Traum in Erfüllung. Bisher hat er nur in seinem Heimatort in der fünften Liga gespielt. Als Fan hat er von den Profis gefordert, immer alles für die Austria zu geben. Jetzt kann er es selbst auf dem Rasen beweisen. Die auf den Rängen feiern ihn mit Sprechchören: „Andi Laner, einer von uns!“ Was für eine Ehre! Und was für ein Erwartungsdruck! Am Abend vor dem Spiel ruft ihn meist noch Salva, der Vorsänger, an. Ein kleiner Plausch unter Ultras: „Weißt eh, was wir von dir erwarten“, sagt Salva zum Abschied. 15 Spiele hat Laner als Stürmer für die Austria gemacht und drei Tore erzielt. „Ich war körperlich so fit nie, aber wenn du immer alles geben willst, fehlt dir die Lockerheit. Ich habe nicht viele gute Spiele gemacht.“ Er redet es nicht größer, als es war. „Ich hatte meine 15 minutes of fame“, sagt er und grinst, „ich kann meinen Enkeln erzählen, ich hab mal für einen Bundesligisten gespielt.“ Denn die Ultras sehen ihre neue Austria als moralischen Nachfolger der alten. In Europa werden sie in dieser Zeit gefeiert. In Österreich, Deutschland, Griechenland und England solidarisieren sich zahlreiche Fankurven mit ihnen und demonstrieren mit Choreographien und Spruchbändern gegen die feindliche Übernahme durch Red Bull. Daheim, in Salzburg, müssen sie sich rechtfertigen. Wie kannst du nur gegen den Mateschitz sein, werfen Freunde und Verwandte Laner vor. Er kann es nachvollziehen. „Salzburg war ausgehungert nach Erfolg“, sagt er. „Und dann kommt so ein Rieseninvestor.“ Freundschaften seien daran zerbrochen. „Für den Erfolg haben die alles hergegeben.“ Alles, was ihm wichtig war.


    ....
    "Ein bisschen Freakshow"
    „So wie es jetzt ist, ist es für alle das Beste“, sagt Laner. Ein guter Kompromiss. David Rettenbacher sieht das ähnlich. „Wir werden immer ein bisserl eine Freakshow bleiben.“ Zu den Heimspielen der Austria kommen rund 1500 Zuschauer, zu Red Bull 13 000. „Der massenkompatible Verein werden wir nie mehr werden“, sagt Rettenbacher.
    Der spielt nur wenige Kilometer Luftlinie westlich von Lehen entfernt, im Vorort Wals-Siezenheim, im Gewerbegebiet. Dass dort der derzeit beste Verein Österreichs spielt, ist kaum zu erkennen. Das Stadion des Brauseriesen – ein anonymer grauer Kasten aus Beton und Blech – thront dort zwischen dem rotweißen Baumarktriesen und dem gelbblauen Möbelriesen. Massenware für Millionen.
    Wen man auch fragt bei der Austria – aufsteigen wollen sie alle. Doch nicht mehr um jeden Preis. Andreas Laner sagt: „Ich will mit 70 mit meinen Enkeln noch zur Austria gehen können, egal ob in der Bundesliga oder in der letzten Liga.“ Aber er hat noch einen anderen Traum, und er glaubt, dass der Spielplan oder ein Pokal-Los dafür sorgen werden, dass er wahr wird: Austria gegen Red Bull. „Irgendwann wird es passieren“, sagt er ohne ein Zweifeln, „und dann müssen sie sich mit uns auseinandersetzen.“
    Endlich.



    Quelle und ganzer Artikel: Tagespiegel.de :RBL:

  • Auch Dummheit sollte man fair beurteilen.
    Der Himmel grau und trist Wo Du jetzt auch bist Das, was war, scheint ewig lange her Das war unser Spiel Unser Vorhang fiel Geschichte bleibt, die nimmt uns keiner mehr Es ist schon lange her.
    Es war schön Einfach schön Endgültig vorbei, aber schön Winde dreh’n, Menschen geh’n Was war, kann uns keiner mehr neh’m Denk an unsre Zeit, sie war schön.

  • Widerstand in der Brausestadt
    „Wir befinden uns im Jahre 09 nach Mateschitz. Ganz Salzburg ist von den Bullen besetzt. Ganz Salzburg? Nein! Ein von unbeugsamen Violen bevölkerter Dorfplatz hört nicht auf, dem Eindringling Widerstand zu leisten.“


    So oder so ähnlich könnte die Geschichte von Austria Salzburg klingen, wenn man sie aus der Ferne erzählt. Doch diese unsägliche Länderspielpause sollte sinnvoll genutzt werden und so fuhren wir nach Salzburg, um die romantische Geschichte in Echt zu sehen. Und - so viel sei vorweggenommen - ganz so romantisch ist sie nicht…
    Wenn man nach Salzburg hineinfährt, so kommt man gleich zu Beginn kaum umhin, Feindesland zu betreten. Das Stadion des Getränkeherstellers ist von der Autobahn aus gut sichtbar und glänzt mit einer hübschen Holzvertäfelung und einem grässlichen Wellblechdach. Die Autobahnausfahrt dagegen gibt ein bescheidenes „Stadion“ wieder - kein Wort zu wenig. In der Stadt angekommen fallen einem zwei Dinge ins Auge. Einerseits, dass Fußball sozusagen inexistent ist in Salzburg und andererseits, dass die Brause das hundertfach kompensiert.


    Salzburg ist eine kulturelle Stadt in einem Land, in dem der Fußball eine eher geringe Rolle spielt. Wie bereits in unserer Serie über die Sicherheit bei Fußballspielen im Ausland (hier nachzulesen) festgestellt, hält sich die Fußballbegeisterung bei unseren Nachbarn in bescheidenen Grenzen. Knapp über 6.000 Zuschauer zählte die Österreichische Bundesliga im letzten Jahr im Schnitt pro Spiel (im Vergleich zu gut 43.000 in Deutschland). So ist es sicherlich nicht den Gummibärchensaftproduzenten anzurechnen, dass in ganz Salzburg kein Trikot, kein Fanartikel, kein Ball zu sehen ist.



    Mozart und Brause


    Das berühmteste Kind der Stadt, Wolfgang Amadeus Mozart, dominiert die Szenerie und seine leckeren Kugeln sind die einzigen Bälle, die einem begegnen. Selbst in der RB-World, einem riesigen Fanshop mitten auf der wichtigsten Einkaufsstraße, sind auch beim zweiten Blick (und zu einem dritten konnte ich mich einfach nicht mehr durchringen) keine Fußballartikel irgendwelcher Art zu erkennen.
    Was einen dagegen fast erschlägt, ist die Brause selbst. Nebst dem bereits erwähnten Fanshop fällt einem beim Öffnen der Minibar im Hotel das gesamte Sortiment entgegen. Die Restaurants werben mit einer gratis Dose zum Mittagssnack. Die Kneipen haben (natürlich angeschriebene) Kühlschränke voll hinter der Bar stehen und Leuchtreklame in den Fenstern, auf die das Rotlichtviertel in Amsterdam stolz wäre. Und bei Burger King läuft 24 Stunden am Tag ein Zusammenschnitt der besten Szenen von Formel 1, Bungeejumping und Spaßrennen (natürlich keines ohne einen Helm oder eine Bande mit den Stieren drauf) – nur kein Fußball.
    Abgesehen davon ist Salzburg aber wirklich hübsch! Und so nahmen wir zwangsläufig die kulturelle Seite mit, ehe wir gegen Nachmittag in den Bus der Linie 10 in Richtung Himmelreich (kein Scherz!) stiegen. Gleich hinter der Stigl-Brauerei im Stadtteil Maxglan neben einem Tennisplatz taucht es dann auf, das Stadion. Falls einer von Euch sich jemals gefragt hat, mit welcher Begründung die Bielefelder Verantwortlichen ihr Stadion „Arena“ nennen, wird er sich hierbei sicherlich fragen, ob der Name „Stadion“ nicht etwas übertrieben ist für diesen Dorfplatz mit Tribüne. Doch der Charme, der von der Anlage ausging, lag eigentlich genau darin.
    Wir betraten das Vereinsheim gleich daneben. Über einen normalen Hauseingang und eine Tür im Obergeschoss kommt man in einen großen Raum mit einem selbstgemalten Vereinswappen und einer kleinen Bar. Durch die Fensterfront kann man in die Tennishalle hineinschauen (was den Verdacht aufwirft, dass dies früher vermutlich das Vereinsheim vom Tennisclub war) und von der Terrasse aus hat man einen wunderbaren Blick auf das gesamte Stadion. Während des Spiels kostet der Aufenthalt auf der Terrasse ohne gültige Karte daher auch 8€. So verlockend dieses Angebot auch war, wir wollten ins Stadion und das Spiel hautnah verfolgen. Beim Hinausgehen fiel der Blick auf die Pinnwand, in der über den Bau einer zweiten Tribüne informiert wurde (hier auch online zu finden). Vor allem ein Satz fiel auf: „Denn eines ist klar, die Austria ist mit der Finanzierung des laufenden Spielbetriebs schon komplett ausgelastet.“ Mir wurde dabei zum ersten Mal richtig bewusst, dass man es hier wirklich mit einem kleinen Verein zu tun hat, der gerade so über die Runden kommt und nicht mit einem gefallenen Großen. Umso besser, dass wir da waren und diesen Verein unterstützten!



    "R*d B*ll bekämpfen immer und überall"


    Auf dem Weg zum Stadion kamen wir in eine Art Volksfest hinein. Da war der ältere Herr mit Gitarre und der Fanclub, der „Sturm“ ausschenkte (irgendwas wie gesüßter Wein, nähere Nachfragen ergaben, dass die Konsumenten es wohl selbst nicht genau wussten). Daneben stand ein kleiner Anhänger, in dem der Fanshop untergebracht war. Und da kam dann auch die erste Überraschung des Tages. Die Fanartikel waren sehr professionell und das Sortiment breit. Wir entschieden uns für einen Seidenschal und erlebten gleich die zweite Überraschung. €18 pro Stück ließen uns schon kurz schlucken – und doch, es war für die oben beschriebene gute Sache. Daneben verkauften die Ultras Anti-RB-Shirts zum Ultras-Standard-T-Shirt-Preis von €5, die wir ebenfalls ergatterten. „R*d B*ll bekämpfen immer und überall, Klessheim wird nie mehr unsere Heimat! In Salzburg nur wir!“ prangerte neben der Skyline von Salzburg und dem Austria-Wappen. Genau richtig zum Farbe bekennen und als Souvenir.


    So ausgerüstet gingen wir dann ins Stadion. Wir hatten online Tickets gekauft und uns für Sitzplätze entschieden, da wir die genaue Lage vor Ort nicht einschätzen konnten. Kaum waren wir im Stadion, bereuten wir diese Entscheidung und schielten etwas neidisch auf den stets voller werdenden Stehplatzbereich der Tribüne. Gleich daneben, im obersten Teil, befand sich der VIP-Bereich, in dem ein paar Stehtische standen und die Stühle etwas weiter auseinander als im normalen Sitzplatzbereich daneben. Unter dem Dach war das Catering und weil es da noch eine ganze Fläche zum Stehen gab, wurde auch auf dieser Seite der Tribüne teilweise gestanden. Auch der Pressebereich schien hier zu sein, wenn man davon ausgeht, dass die zwei jüngeren Herren mit Laptop fürs Klubmagazin schrieben.


    Wir hatten Plätze im oberen 280er Bereich und stellten mit Verwunderung fest, dass die Sitze nur bis 220 gingen. Bis zum Schluss konnten wir nicht feststellen, wo wir eigentlich hätten sitzen sollen, begaben uns dann aber in die erste Reihe und folgten dem Geschehen. Das Spiel selbst bewegte sich eher auf Oberliga/Landesliga-Niveau. Dennoch war es ein schönes Spiel, was nicht zuletzt daran lag, dass eine ganze Menge Tore fielen. Konnte der Gegner (Seekirchen) am Anfang noch zweimal die Führung der Austria ausgleichen, war das 3:2 kurz vor der Pause dann eins zu viel. Wobei die eine Flanke vor dem 3:2 für Austria definitiv bundesligatauglich war! In der zweiten Halbzeit zeigte Austria dann ihre Überlegenheit und erhöhte noch auf 5:2. Damit waren sie auch im achten Spiel als Sieger vom Platz gegangen und wurden von den 1.150 Zuschauern – wir eingeschlossen – frenetisch verabschiedet, ehe sie sich am Spielfeldrand noch mit Fans und Familie über das Spiel unterhielten, bis der Trainer zur Mannschaftsbesprechung rief. Die Ultras waren dabei das ganze Spiel über aktiv gewesen und hatten mit Dauergesängen, vielen Fahnen und gelegentlichen Bengalos für ordentlich Stimmung gesorgt. Und wenn die zwei Vorsänger gerade Pause machten, dann begab sich der Gitarrist vom Vorplatz auf den Spielertunnel neben den Holzstuhl vom Kameramann und sorgte dafür, dass die Stimmung auch bestimmt nicht einschlief.
    Es gab allerdings bei dem Ganzen auch einige seltsame Dinge zu beobachten. Da war zum Beispiel der etwa zwölfjährige Junge mit der SV Wüstenrot Salzburg Fahne. Oder der Mittvierziger vom Fanclub, der beim „Sturm“ ausschenken ein SV Casino Salzburg Trikot trug. Dann war da der Mann, der einem anderen erzählte, dass er Dauerkarten (Mehrzahl!) von RB geschenkt bekäme (ob er auch hinging, sagte er nicht). Und da war der alteingesessene Fan im Vereinsheim, der bereits in den 90ern Austria im Stadion angefeuert hatte und uns erzählte, er wäre international für RB, weil man ja schließlich den Österreichern die Daumen drücken müsste. Ich will damit nicht sagen, dass das eine repräsentative Auswahl war oder dass bei Austria Salzburg alle – oder auch nur eine Mehrheit – so denken. Aber für mich war es eine seltsame Erfahrung, feststellen zu müssen, dass die Leute, denen die Dosen ihren gesamten Verein genommen haben, sie weniger zu hassen schienen als ich selbst. Doch mein Hintergrund ist ein anderer als ihrer.


    Übernahme von Vereinsnamen durch Unternehmen völlig normal


    In Österreich ist die Übernahme von Vereinsnamen durch Unternehmen völlig normal. In der Österreichischen Bundesliga sind momentan gerade mal drei der zehn Vereine ohne Sponsornamen im Vereinsnamen. Etwas, was für uns also völlig abstoßend ist, ist für die Österreicher schlichtweg normal und dazu auch schon seit Jahrzehnten so. Und wenn der Verein in den 90ern unter dem Namen Casino Salzburg große Erfolge gefeiert hat, dann trägt man logischerweise auch noch immer so ein Trikot. Dass die Übernahme durch RB ohne diese Vorgängerinvestoren nicht möglich gewesen wäre, scheint hier kaum einer zu glauben oder kaum einen zu stören.
    Nebst der für mich seltsam gefassten Weise, mit der viele Leute mit dem Kunstprodukt des Brauseherstellers und dessen unfreiwilligen Vorgängern umgingen, ist es aber auch die ausgeprägte Kapitalisierung des Vereins, die im Kontext des von Fans wiederbelebten Traditionsvereins etwas seltsam erscheint. Austria Salzburg ist darin aber einfach nur das beste Beispiel für die Entwicklung des heutigen Fußballs. Gegründet von Fans als Gegenentwurf zu einem Konsumprodukt, als Gegenpol zum gehassten alten Verein, der Tradition und Vergangenheit, Farben und Namen abgeworfen hat, steht Austria in allem für Tradition. „1933“ prangt in großer Schrift im Vereinsheim – das Jahr der Gründung, das der alte Verein nicht mehr wollte. Man hat die Tradition übertragen, mitgenommen, man wird aufgrund der Geschichte zwangsläufig als der Gegenentwurf zum modernen Fußball betrachtet. Ob Austria Salzburg das allerdings ist, sein kann – und ob sie es überhaupt sein wollen – ist nicht ganz so deutlich.
    Der Verein hat kaum Geld, kann nach eigenen Angaben gerade so den Spielbetrieb aufrecht erhalten und braucht deswegen so viel (finanzielle) Unterstützung, wie er bekommen kann. Das bedeutet auch, dass das Stadion einen Sponsornamen trägt (MyPhone-Austria Stadion) und dass die Fanartikel und im Verhältnis auch die Tickets nicht billig sind (€ 13.80 für einen Sitzplatz, € 11.60 für einen Stehplatz auf der Tribüne, € 8.20 für einen Stehplatz am Spielfeldrand in der dritthöchsten Österreichischen Spielklasse).
    Die Fans müssen schauen, dass sie die 500.000 € für eine zweite Tribüne zusammen bekommen (gut ein Viertel davon haben sie bisher geschafft!), die der Verein nicht finanzieren kann, aber bei einem allfälligen Aufstieg haben muss, weil er sonst die Auflagen der Liga nicht erfüllt. (Dieses Jahr ist Austria in der Relegation gescheitert.)


    Verkaufte Seele


    Und so scheint Austria Salzburg auf einer ewigen Gratwanderung zwischen Tradition und Kapitalismus, zwischen Existenzangst und verkaufter Seele. Ich will ihnen keinen Vorwurf machen deswegen, sie haben keine Wahl.
    Auch wenn dieser Besuch mich meine rosarote Brille gekostet hat, so war er trotzdem die weite Reise wert. Das Erlebnis war einmalig, die Leute sehr gastfreundlich und nett und es bleibt eine gute Sache, auch wenn sie mit allem, was man verkaufen kann, finanziert werden muss. Denn das, wofür Austria Salzburg steht, ist eben nicht verkäuflich.
    All Cans Are Bastards!


    Nadja, 11.09.2014


    Quelle: http://www.schwatzgelb.de/2014…d-in-der-brausestadt.html

  • ...Dennoch war es ein schönes Spiel, was nicht zuletzt daran lag, dass eine ganze Menge Tore fielen. Konnte der Gegner (Seekirchen) am Anfang noch zweimal die Führung der Austria ausgleichen, war das 3:2 kurz vor der Pause dann eins zu viel. Wobei die eine Flanke vor dem 3:2 für Austria definitiv bundesligatauglich war! In der zweiten Halbzeit zeigte Austria dann ihre Überlegenheit und erhöhte noch auf 5:2. Damit waren sie auch im achten Spiel als Sieger vom Platz gegangen und wurden von den 1.150 Zuschauern – wir eingeschlossen – frenetisch verabschiedet...


    Quelle: http://www.schwatzgelb.de/2014…d-in-der-brausestadt.html

    Und ich war dabei :thumbsup:! Seit einigen Jahren schau ich ab und zu mal bei der Austria vorbei. Durfte sogar noch ein Spiel im alten Stadion in Lehen erleben (Mit Heiko Lässig als Kapitän). Die Austria Fans sind einfach Spitze! :bengal: Für mich sind die Spiele so etwas wie ein Methadonprogramm. Denn süchtig bin ich nur nach Chemie :schal:

  • Red Bull erhält von immer mehr Fans immer mehr Gegenwind!
    Der von Austria Salzburg Fans neugegründete Verein Austria Salzburg ist diese Saison endlich wieder im Profifussball zurück.


    Doch auch in Leipzig machen die Zahlen zuversichtlich. Dachte Red Bull vor Monaten noch die Stadt Leipzig mit den vielen Konzern-Millionnen und Dutzenden bestochenen Politikern und Medienvertretern im Handstreich genommen zu haben, sonnte man sich noch mit Zweitliga Zuschauerzahlen von über 20 000 während die alteingesessenen Traditionsvereine angeblich nur negativschlagzeilen verursachten und vor einigen hundert Zuschauern kickten, sieht es jetzt schon ein wenig anders aus.
    Allein an diesem Wochenende kamen bei den Heimspielen von Lok (4472) und Chemie (2100) über 6500 Zuschauer zusammen-wohlgemerkt vollkommen ohne tausende verteilte Freitickets!
    Während Red Bull nur mit eiskalten Millionentransfers von Erstligaspielern aus der ganzen Welt -finanziert vom praktisch nie versiegenten Milliardenvermögen Didis - und abservierung der bisherigen Spieler auffällt, bauen in letzter Zeit vor allem die Fans bei den Leipziger Traditionsvereinen die jeweiligen Stadien mühsam auf , Finanzieren nötige Kosten durch Spenden oder Arbeitseinsätze , sind Mitglied im jeweiligen Verein und sind mehr denn je mit HERZBLUT dabei. Etwas was die Konsumenten vom Cottaweg -meist weniger aus Leipzig als aus dem Leipziger Umland - wohl nie erleben werden.

  • Austria Salzburg und der alte Groll gegen Red Bull


    Nachdem Red Bull ihnen den Klub entrissen hatte, gründeten Fans Austria Salzburg neu. Nun spielt der Verein wieder Profifußball. Ein Telefonat mit dem Red-Bull-Eigner brachte Erstaunliches zutage.
    "Mateschitz", meldete sich der Mann am anderen Ende der Leitung. Und da bekam Walter Windischbauer von Austria Salzburg den scheuen Gründer von Red Bull endlich zu fassen. Es sollte das erste und einzige Mal sein. Mitte der Neunzigerjahre war das, das alte Austria Salzburg existierte noch und spielte erfolgreich im Europapokal.
    Windischbauer, damals der Marketingexperte des Traditions- und Arbeiterklubs, hatte eine Idee: sich von dem wachsenden Brausekonzern bei einem Event sponsoren lassen, aber nur ganz dezent. "Bungee-Jumper hätten den Spielball ins Stadion befördert", sagt er. Dietrich Mateschitz soll höflich geantwortet haben: "Bei uns gibt es eine Maxime. Fußball ist für uns ein No-Go."
    Später brach Mateschitz bekanntlich sein Credo. Er übernahm den Herzensverein Windischbauers und der Region. Red Bull hatte 2005 Austria in der Folge als FC Red Bull Salzburg neu konstituiert, den Trikots eine neue Farbe gegeben und die Geschichte des alteingesessenen Vereins gelöscht.


    Aufstieg nach zehn Jahren Amateurfußball


    Seit ein paar Tagen ist die Austria wieder zurück im Profifußball, als dritter fangetragener Klub überhaupt neben dem AFC Wimbledon und Blau-Weiß Linz. Ein neuer Verein mit alter Geschichte und alter Kolorierung.


    Enttäuschte Fans hatten den Klub ein paar Monate nach der Übernahme 2005 neu gegründet, ehrenamtlich aufgebaut, sich ein paar Spieler zusammengesucht und sind nach zehn Jahren im Amateurfußball Anfang Juni in die zweite österreichische Liga aufgestiegen. Erleichtert sei er darüber gewesen, erzählt Windischbauer. Ein Jahr zuvor hatte er noch bitterlich geweint, weil Austria den Aufstieg in der Relegation verspielt hatte.


    Dieses Mal, am Abend des Triumphes, sah sich Windischbauer dann nur noch inmitten "von Bierduschen und halbnackten Männern, die den Platz gestürmt hatten und mich abknutschten", berichtet der 57-Jährige. Dann ließ sich Windischbauer, der eigentlich als Anwalt arbeitet, eine Glatze rasieren – eine eingelöste Wettschuld. "Das war schon sehr heftig, aber ich habe mich pudelwohl gefühlt unter unseren Fans", sagt er, der jetzt zumindest noch einen Vollbart trägt.


    "Mit unseren Fans haben wir mehr Potenzial als Red Bull"


    "Heftig", das umschreibt die Fanbasis treffend. Bei jedem Heimspiel ist auf der gedrungenen Tribüne mit rund 2000 Plätzen die Hölle los, sie versinkt nahezu inmitten violetter Bengalo-Rauchschwaden. Am Tag des Aufstiegs war das "Stadtbild violett geprägt. Die Verkehrszeichen waren geschmückt, genauso die Kreisverkehre und Autobahnbrücken", sagt Windischbauer. Der Klub gehört schon jetzt wieder zu den geliebtesten Teams des Landes. In den sozialen Netzwerken ist es das fünftbeliebteste Team, als frischer Zweitligaaufsteiger.
    Nur einen Angestellten hat die Austria. Das ist ihr Trainer Jörn Andersen, der früher Mainz 05 und den KSC leitete und den sie um Weihnachten 2014 herum bei Kaffee und Kuchen dazu überreden konnten, die Austria zu übernehmen. Der ehemalige Ersatztorwart vom FC Bayern, Bernd Dreher, hilft ebenfalls im Verein. Den Rest schmeißen die Fans: Die Geschäfts- und Pressestelle, den Ticketverkauf, das Marketing. Aber es ist der Profi Andersen, der den Schlüsselsatz fallen lässt, als er das Leistungsvermögen des Projektes beschreibt: "Von den Fans her haben wir mehr Potenzial als Red Bull", sagte er neulich dem Magazin "Spiegel".
    Austria hat die Fußball-Romantik auf ihrer Seite, was irgendwann finanziell nützen wird. Anhänger des Klubs seien an einem "ehrlichen, erdigen Fußball-Produkt interessiert, sie wollen mitfiebern", sagt Windischbauer. Aber es ist immer noch ein "Produkt". "Wir überlegen jetzt, wie man aus diesem Potenzial schöpfen kann, für sportlichen Erfolg. Wir wollen unser Merchandising massiv ausweiten. In vierzehn Tagen werden wir unseren eigenen Fanshop eröffnen. Davon erwarten wir uns sehr viel", sagt Windischbauer.


    Unantastbar sind nur Vereinsfarben und der Name


    Red Bull, den bösen Gegenspieler, brauchen sie dafür allerdings irgendwie. Red Bull Salzburg verstärkt die Attraktivität der Austria für Fußball-Puristen: "Wir sind die Gallier des 21. Jahrhunderts. Ganz Fußball-Österreich scheint von Red Bull eingenommen, bis auf die Austria", sagt Windischbauer. Und der Bösewicht lässt sie dermaßen gut aussehen, dass man dem Fanprojekt vieles verzeihen wird, auch dessen Kommerzialisierung. Als der Name des Stadions verkauft wurde, gab es Diskussionen unter den Fans, erzählt Windischbauer.#


    Ein bisschen orientiert sich der Klub ja an Fanvereinen im Ausland wie dem FC United of Manchester, eine Art Gegenentwurf zu Manchester United, bei dem nicht nur in das Team investiert werden muss, sondern auch gleichermaßen in Sozialprojekte. In Salzburg war indes allen klar, dass sie ihr Ziel, "in die erste Liga zurückzukehren", nicht ohne Kaufmannsgeschick erreichen. "Wir können wie jeder Fußballverein auf der Welt nicht ohne Geld auskommen. Wir brauchen Sponsoren, Förderer und Gönner. Nur dann ist der Weg nach oben möglich", sagt Windischbauer. Unantastbar seien nur Vereinsfarben und der Name.
    Zwei große Hürden gibt es derzeit für Austria Salzburg: die Zweite Liga zu halten. Außerdem müssen sie die Lizenz für ihre Spielstätte verteidigen, die der Verband erst nach Renovierungsarbeiten der Fans in zweiter Instanz erteilt hatte. "Wir brauchen eine neue Stadionlösung. Das ist mit Politik und Wirtschaft andiskutiert", sagt Windischbauer. Ausgebaut soll der Sportplatz werden, außerdem wollen die Salzburger bis zu acht neue Spieler verpflichten und den bisher ehrenamtlichen Sportdirektor fest anstellen.


    In Salzburg sind "Fußball und Red Bull nicht wirklich kompatibel"


    "Wir machen es Schritt für Schritt. Wir müssen finanziell stark genug werden, um uns in der Zweiten Liga zu behaupten und dann in sechs, sieben Jahren an die erste Liga denken zu können", sagt Windischbauer, der in der kommenden Saison mit einem Etat zwischen 1,5 und zwei Millionen Euro arbeiten wird. Spieler sollen dabei mithelfen, die schon lange im Verein sind.
    Nicholas Mayer zum Beispiel, der mit Windischbauers Sohn noch in der Austria-Jugend kickte, sich dann bei Red Bull ausbilden ließ und 2008 wieder zurück zur "neuen" Austria kam. Integer genug ist ihnen der Mittelfeldspieler dennoch: "Jungendsünden sind dazu da, dass man sie macht. Das nehmen wir ihm nicht übel", sagt Windischbauer und lacht.
    Red Bull ist man also auf den Fersen. Und genug Groll ist noch vorhanden. "Als Red Bull 2005 zur Austria gekommen ist, habe ich das erst als riesige Erleichterung empfunden", sagt Windischbauer, weil der Klub damals finanziell angeschlagen war. "Ich wusste aber nicht, dass Red Bull unseren Klub und den Fußball vollkommen neu erfinden will."
    Er glaube nach wie vor, dass sich der Konzern mit dem Thema "Fußball" schwertut, "was die Akzeptanz in der Bevölkerung betrifft. Bei uns in Salzburg habe ich das Gefühl, dass Fußball und Red Bull nicht wirklich kompatibel sind". Fußball, ein No-Go? Hatte Mateschitz während seines einzigen Telefonats mit Windischbauer also sogar recht gehabt? "Er war damals schon ein Prophet", sagt Windischbauer.


    Quelle: Welt.de