(Achtung! Ständig in Arbeit, wird laufend Ergänzt und entsprechend der Zeitlinie eingetragen )
Quellen: Sportmuseum Leipzig,
Jens Fuge-100 Jahr Fussball in Leutzsch,
1919
Man schreibt das Jahr 1919. Der Erste Weltkrieg ist beendet und seit gut 2 Jahrzehnten macht sich eine neue Sportart im bisher eher vom Turnertum geprägten Deutschland breit: der Fußball.
Aus den traditionellen Turnvereinen, welche meist schon ein halbes Jahrhundert bestand haben, bildeten sich selbstständige Ballspielabteilungen in welchen Anfangs hauptsächlich die zu dieser Zeit beliebten Sportarten wie Faustball, Schlagball, Ballhoch, Dreimannhoch gespielt wurden. Aber die neue aus Britannien stammende Sportart Fußball wird mehr und mehr dominant. Es gründen sich erstmals reine Fußballvereine und auch aus den Ballspielabteilungen der Turnvereine machen sich die Fußballabteilungen in eigenen Vereinen selbständig. Der Westen Leipzigs mit seiner rasant wachsenden Industrialisierung und dicht besiedelten Arbeitervierteln ist davon besonders „betroffen“.
In Leutzsch spielte zu dieser Zeit unter anderem der 1906 gegründete SV Viktoria 06 Leutzsch , die 1912 gegründete Fußballabteilung des Turnverein Jahn Leutzsch oder auch die 1910 gegründete Spielabteilung des Turnverein zu Leutzsch (ab 1923 SV Sturm 1910)
Die Gemeinde Leutzsch plante zu dieser Zeit nördlich des Bahnhofs an der Burgaue einen öffentlichen „Spielplatz“ der bis Ende1920 fertiggestellt sein soll.
Vorgesehen sind 3 nebeneinander liegende Plätze, davon 2 Fußballfelder an den Rändern und ein Turnplatz in der Mitte.
1920
Etwa ab Ende 1920 war der Platz dann spielbereit, Schulen und Vereine können ihn unentgeltlich nutzen.
Zum rundherum eingefriedeten Platz gehören 3 vollständig hergerichtete und abgegrenzte Spielfelder, eine kleine Unterkunftshalle mit Aufenthaltsraum, Umkleide und Waschräume sowie 2 gesonderte Abortanlagen. Beaufsichtigt wird die Sportanlage kurioserweise durch den Wärter der in unmittelbarer Nähe gelegenen Kläranlage.
Mit der Eingemeindung Leutzschs am 1.1.1922 wird die Anlage öffentlicher Spielplatz der Stadt Leipzig. Für den Vereinssport wird die Anlage ab 1922 vom SV Viktoria 06 Leutzsch (ATSB) sowie ab 1923 vom TV Jahn Leutzsch (ATSB) und dem SV Sturm 1910 (VMBV) genutzt.
Der SV Viktoria 06 nutze das mittlere Spielfeld und hat hier 2 Bretterbuden als Umkleidekabinen. Der SV Sturm 1910 nutzt das linke Spielfeld (an die „Mücke“ angrenzend) Der TV Jahn Leutzsch hingegen nutzt das vom Bahnhof aus gesehene rechte Feld (heutiger Hauptplatz des AKS) . In den Pachtverträgen aller Vereine steht festgeschrieben dass Schulen die Sportplätze an Werktagen kostenlos bis 17Uhr nutzen können.
Nach Verhandlungen des Ausschusses für körperliche Erziehung treten kurz darauf sowohl der TV Jahn (rechtes Spielfeld) als auch der SV Sturm 1910 (linkes Spielfeld) jeweils einen 3 Meter breiten Streifen ihres Feldes an den SV Viktoria 06 (mittleres Spielfeld) ab, damit auch dessen Spielfeld eine für den Fußballsport ausreichende Breite von 77 Metern erreicht. Die Versetzung der Spielfeld Einfriedung muss Viktoria 06 übernehmen, die Versetzung der Tore jeder Verein selbst.
1924
1924- ein Jahr seit Pachtbeginn- hatte der TV Jahn Leutzsch bereits aus eigener Kraft sein gepachtetes Spielfeld erneuert und Laufbahnen von 100 und 360 Meter Länge geschaffen.
Nun stellt der Verein im Mai 1924 in einem Aufruf „An die werktätige Bevölkerung von Leipzig-Leutzsch“ seinen Plan vor den Sportplatz auszubauen und vor allem sein eigenes Vereinshaus mit Turnhalle zu schaffen. Dafür bittet er die Bevölkerung um Hilfe- in Form von Vereinsmitgliedschaft, freiwilligen Spenden und Unterstützung.
1925/26
Am 8.Juli 1925 wird der Bauplan für ein unterkellertes zweigeschossiges Gebäude vom Amt genehmigt und so entsteht in den Jahren 1925/26 das Gebäude im Art-deco-Baustil welches in unveränderter Bauform noch heute im AKS steht und u.a. die Geschäftsstelle unseres Vereines beherbergt.
Ein solches Gebäude zu errichten und zu unterhalten war damals gewiss kein leichtes Unterfangen für einen Arbeiterturnverein wie dem TV Jahn Leutzsch welches nur über Darlehn der Stadt Leipzig möglich war. Zur Sicherung dieser Forderungen übereignete der TV Jahn der Stadt das neu errichtete Gebäude , die Stadt wiederum überlässt es dem Verein zur Benutzung. Die geplante Turnhalle hingegen wurde nicht gebaut, was sicher wie so oft an den fehlenden Finanzen lag.
1928
Am 27.07.1928 fand dann die Umbenennung des Turnverein (TV) Jahn Leutzsch in Turn- und Sportverein (TSV) Jahn Leutzsch statt.
1933
Im Jahre 1933 dann der Wahlsieg und die Machtübernahme durch die NSDAP.
Als Erstes werden sämtliche „marxistische Turn- und Sportvereine“ –das sind in den Augen der Nationalsozialisten alle Vereine des Arbeitersportes also sämtliche Vereine des ATSB und der KG Rote Sporteinheit verboten und deren Besitz enteignet. Die Schließung der Arbeitersportvereine Leipzigs erfolgte in zwei Wellen: am 1.April 1933 die kommunistischen und am 28.April 1933 die sozialdemokratischen Vereine.
Am 28.April 1933 werden sowohl Platz und Vereinshaus des TSV Jahn Leutzsch , als auch der Platz des SV Viktoria 06 Leutzsch nach Durchsuchung von der Polizei mit allem Inventar beschlagnahmt und versiegelt. SS-Sturm und ein Polizist der zuständigen Wache übernehmen Besetzung und Überwachung. Das Polizeipräsidium verfügt über die Auflösung des TSV Jahn (6.6.1933) und des SV Viktoria 06 (am 18.05.1933). Das gesamte Vereinsvermögen wird beschlagnahmt und laut dem Gesetz über die Einziehung Kommunistischen Vermögens vom 26.05.1933 erlöschen damit alle Rechte der Vereine an diesem Gut. Am Ende stand die Löschung der Vereine TSV Jahn Leutzsch und SV Viktoria 06 Leutzsch aus dem Vereinsregister.
Was passiert jedoch mit der Anlage in Leuztsch?
Der dritte Pächter, der SV Sturm 1910 dürfte dem Schicksal seiner Platznachbarn entgangen sein, da er nicht in den Ligen des Arbeitersportes , sondern in den Ligen des DFB spielte.
Zum anderen wurde weiterhin- wie im Pachtvertrag zwischen dem TV Jahn und der Stadt Leipzig festgeschrieben- der Schulsport der 57. Volksschule auf dem Gelände betrieben.
Die Besetzung der Plätze von TSV Jahn und Viktoria 06 durch die SS endete im November 1933, danach führte die SA auf dem Leutzscher Sportplatz ihre Ausbildung durch.
Verwaltet wird die Anlage durch SS Sturmführer Martin Schradt.
1934
Ab dem 30.05.1934 werden die ehemaligen Plätze vom TSV Jahn und Viktoria 06 einschließlich des Vereinshauses einer Fliegergruppe des Deutschen Luftsportverbandes überlassen.
Am 09.08.1934 wird die Beschlagnahme der beiden Plätze aufgehoben und das Gelände an die Stadt Leipzig übergeben.
1935
Der 1932 vom Automatenhersteller Karl Schwarz gegründete Verein TURA 1932 schaffte im Jahr 1935 den Aufstieg in die Gauliga Sachsen und hatte gleich nach dem Serienmeister Schalke 04 die meisten Zuschauer im deutschen Fußball. Wohl hauptsächlich deshalb wird der Sportplatz am Bahnhof Leipzig-Leutzsch am 27.Oktober 1935 von der SA offiziell an den SV TURA 1932 übergeben- ob der SV Sturm zu diesem Zeitpunkt noch dort spielt ist unbekannt ,allerdings löst sich der Verein SV Sturm 06 im Jahre 1936 auf und die restlichen Spieler schließen sich wiederdem TV Leutzsch (ab 1941: TuS Leutzsch 1861) an .
Im Gefolge des Verbotes der proletarischen Sportorganisationen konnte TURA die besten Spieler der verbotenen ATSB-Vereine VfK Südwest und VfL Südost sowie anderer Vereine (auch kommunistischer) regelrecht "einkaufen". Als Trainer wurde der ehemalige Bundesfußballeiter des ATSB, Robert Riedel, verpflichtet. Somit gelang es, innerhalb kurzer Zeit sowohl einen zahlenmäßig relativ großen Verein aufzubauen (Tura besaß mindestens zwölf Fussball- und vier Handballmannschaften sowie einen Spielmannszug) als auch zu großer spielerischer Klasse aufzulaufen (Die 1. Fußballmannschaft entwickelte sich zur spielstärksten in Leipzig und schaffte in den 30er Jahren einen "Durchmarsch" durch alle Ligen bis in die höchste Spielklasse, die Gauliga.).
Die Spannung in der Gesellschaft machte sich natürlich auch auf den Fußballplatz Luft.
Politische Begleiterscheinung des sportlichen Aufschwungs war eine zunehmende Konzentration von Sozialdemokraten im Verein TuRa1932 und in seiner Anhängerschaft - ein Vorgang, der auch der Politischen Polizei in Leipzig nicht verborgen blieb: "Auffallend ist die Tatsache, daß dieser Sportverein 'Tura' zu jedem Spiel große Zuschauermengen hat, die sich vorwiegend aus alten SPD-Angehörigen zusammensetzen. Zu erklären ist dieser Umstand dadurch, daß der Trainer dieses Vereins -Riedel- bei SPD-Kreisen große Popularität besitzt, und daß im Verein selbst ein großer Teil der Mitglieder ehemalige Arbeitersportler waren." Spiele gegen "bürgerliche" Mannschaften, wie z.B. den VfB Leipzig, als dessen Sponsor der Besitzer der "Leipziger Neuesten Nachrichten" galt, waren begleitet von "regelrechten Protestkundgebungen, die einen marxistischen Charakter nicht verleugnen konnten.
Der Leutzscher Fußballplatz bot ein Forum für ungefährlichen Protest. Es kam zu aufführerischen Reden, Rufen und Sprechchören. Auch Widerstandsgruppen, wie die von Georg Schwarz trafen sich auf den Zuschauerrängen der TuRa-Spiele.