Offizielle Mitteilung 22.03.2016 20:21 Von: BSG Chemie Leipzig e.V
Bei seiner gestrigen Sitzung hat der Vorstand gemeinsam mit Vertretern des Aufsichtsrates die Vorkommnisse bei den letzten beiden Auswärtsspielen und speziell bei dem letzten Heimspiel gegen den BSC Freiberg analysiert und ausgewertet.
Zunächst möchten wir uns für die vielen Zuschriften bedanken, die uns vor allem per E-Mail erreichten. Aus ihnen geht hervor, wie sehr die Chemiker mit Herz und Seele bei ihrem Verein sind, aber auch wie groß die Sorge um die Entwicklung unseres Vereines ist.
Zugleich verdeutlichten die Briefe, die bei aller Emotionalität dennoch von großer Sachlichkeit geprägt waren, wie heterogen sich das Meinungsbild innerhalb der Chemie-Familie darstellt. Es spiegelt die Vielfalt unserer Gesellschaft und die damit verbundenen Probleme und Aufgaben wieder. Meinungsvielfalt und Tolerierung anders Denkender sind die einfachsten demokratischen Grundsätze, die für Alle gelten müssen.
Folgende Schlüsse müssen wir ziehen:
1. Ein großer Teil der – nicht nur jüngeren – Fans hat große Probleme mit dem alten Schlachtruf „Nur ein Leutzscher ist ein Deutscher“. Als Ausdruck des legitimen Widerstands gegen das DDR-Regime akzeptiert, halten ihn viele Chemiefans für inzwischen nicht mehr zeitgemäß, andere kritisieren seinen nationalistischen Charakter.
2. Ein zweiter Teil, insbesondere der älteren Fans rechnen diesen Ruf dem traditionellen Liedgut der BSG Chemie zu und sehen darin eben keinen nationalistischen Anspruch.
3. Ein dritter, sehr kleiner Teil nutzte zuletzt diesen Spruch wiederholt, um gezielt zu provozieren und Keile zwischen unsere Anhängerschaft zu treiben.
4. Ein anderer, großer Teil der Chemiefans ist nicht einverstanden mit dem Zeigen radikaler und/oder parteipolitischer Parolen. Sie fühlen sich durch diese nicht repräsentiert oder sind generell gegen die Zurschaustellung politischer Meinungen im Stadion. Dies gilt auch für Bekundungen für Personen oder Gruppen, die sich um die BSG Chemie Leipzig verdient gemacht haben.
5. Ein breiter Konsens besteht generell darüber, dass im Stadion kein Platz für Gewalt sein darf – grundsätzlich und erst recht nicht untereinander. Die Betroffenheit über die jüngsten Entwicklungen ist allgemein sehr groß und berechtigt.
Auch wir selbst, die Mitglieder von Vorstand und Aufsichtsrat, sind besorgt ob der aktuellen Situation. Für uns steht fest: Eine Wiederholung von Vorkommnissen dieser Art darf es nicht geben. In der Vergangenheit hat die BSG Chemie Leipzig immer von der Erteilung von Stadionverboten abgesehen und stattdessen auf alternative Maßnahmen gesetzt – oftmals auch mit Erfolg. Bei den Geschehnissen vom Samstag wurden jedoch Grenzen deutlich überschritten.
Folgende Beschlüsse wurden gefasst:
• Es werden sofort Stadion- bzw. Hausverbote für mehrere Personen der beiden involvierten Streitparteien ausgesprochen.
• Das betrifft zum einen die Fans, die andere Chemiker schon seit geraumer Zeit gezielt verbal provozieren und gezielt Unruhe schaffen wollen.
• Zum anderen betrifft es die Fans, die andere Chemiker bereits vereinzelt in der Vergangenheit aber speziell am vergangenen Samstag mit Gewalt bedrohten oder direkt tätlich wurden oder andere zur Gewalt aufriefen.
• Zeitnah werden diese Fans zur Stadionkommission vorgeladen, um sich zum Sachverhalt äußern zu können und das endgültige Strafmaß differenziert festzulegen.
• Die Rolle der Ordnungskräfte (Fanordner und gewerbliche Ordner) wird spätestens seit dem Chemnitzspiel fokussiert betrachtet. Diese wird für die Geschehnisse am Samstag nochmals deutlicher überprüft und entsprechende Entscheidungen vorbereitet.
• Die Entscheidung zur Erteilung von Hausverboten liegt ausschließlich in der Verantwortung des Vorstandes. Eine nochmalige und vertiefte Schulung der Ordnungskräfte in diesem Sinne wird festgelegt.
• Die Rolle anderer im Verein angestellter und/oder am Spieltag tätiger Personen wird geprüft und zu weiteren Entscheidungen führen.
• Es wird eine praktikable Lösung zur Freigabe von Spruchbändern erarbeitet, sollte eine eigenständige Beschränkung nicht glaubhaft funktionieren.
Diese Sofortmaßnahmen sind jedoch nur bedingt geeignet, um die grundsätzlichen und bereits seit längerer Zeit schwelenden Konflikte innerhalb der chemischen Fangemeinde zu beseitigen.
Deshalb wird der Vorstand verschiedene Vertreter aus der Fanszene – Mitglieder von allen Gruppierungen und Fanclubs, Einzelpersonen und natürlich das Fanprojekt – kurzfristig an einen runden Tisch einladen. Es kann dabei nicht um die Überzeugung der jeweils anderen Gruppe von den eigenen Vorstellung gehen, sondern um das Ausloten, wie man trotz unterschiedlicher Ansichten ein gemeinsames Ziel verfolgen kann.
Die Fanlandschaft der BSG Chemie Leipzig ist bunt und vielschichtig. Es gibt keine „echten“ und keine „falschen“ Chemiefans – lediglich unterschiedliche Ansichten und Auslebungen des Fandaseins. Unser Verein zieht seine Stärke vor allem aus dem großen ehrenamtlichen Engagement sowie dem Willen der Mitglieder und Fans, auch weiterhin ihre Kräfte zum Wohle des Fünfecks zu bündeln. Eine weitere Spaltung wird die BSG Chemie nicht verkraften.
Wir, die Mitglieder von Vorstand und Aufsichtsrat, werden alles in unserer Macht Stehende unternehmen, damit alle Chemiker zukünftig wieder mit einem guten Gefühl in den Alfred-Kunze-Sportpark pilgern können.
Allen, die das nicht mittragen wollen, rufen wir zu: Dann bleibt besser weg!
BSG Chemie Leipzig
Vorstand und Aufsichtsrat