Alles Gute HJL!

  • Lvz vom 27.12



    "Ich war eine Kampfsau"
    Chemie-Legende Hans-Jörg Leitzke feiert heute seinen 50. Geburtstag :daumen:


    Leipzig. Sein größtes Spiel steigt 1987 in Athen, Europapokalfinale mit dem 1. FC Lok gegen Ajax Amsterdam, 0:1. Sein emotionalstes ist ein anderes. 1984, Relegations-Rückspiel gegen Union Berlin mit Chemie Leipzig. 22000 Fans füllen den heutigen Alfred-Kunze-Sportpark. Chemie gewinnt und bleibt erstklassig. Torschütze zum 2:1-Sieg ist Hans-Jörg Leitzke. Ein furchtloser junger Mann, der für die Leutzscher Tugenden Kampf und Leidenschaft steht. Eine der Ikonen des Leipziger Fußballs feiert heute seinen 50. Geburtstag.
    Von Guido Schäfer
    "HJL" ist nach wie vor rank und schlank, spielt immer noch Fußball. Donnerstags früh auf dem Kunstrasen in der Soccerworld. Mit alten Weggefährten, übergewichtigen Journalisten, arthrotischen Hobbykickern und einem Immobilien-Makler, der seine Sportutensilien in einer Aldi-Tüte anschleppt. Es ist fast alles wie früher, als Leitzke und sein Ex-Chemie-Spezi Uwe Ferl noch jung, schön und erfolgreich waren. Der begnadete Techniker Ferl staucht seine Kollegen zusammen ("Siebenmonatskind"), gibt den Ball nur im Notfall ab, läuft auch nur im Notfall. Leitzke rennt, dribbelt, scheut auch den Zweikampf mit dem 100 Kilo schweren Aldi-Tüten-Fetisch nicht, schießt Tore am Fließband. "Ich war nie der filigrane Techniker", sagt Leitzke. Sondern? "Na ja, ich war schon eine, äh, Kampfsau." Während Edelfeder Ferl Schraubstollen nur vom Hörensagen kannte, durften die Alus bei Leitzke gerne mal etwas länger und entsprechend Furcht einflößend sein. "Lieber zu lang als zu kurz", erinnert er sich, "ich habe eingesteckt und ausgeteilt."
    Leitzke durchläuft alle Jugendmannschaften von Chemie, schafft es in die Oberliga-Mannschaft, wird 1985 von der Betriebssportgemeinschaft zum vergleichsweise noblen 1. FC Lok delegiert. In Leutzsch wird Fußball gekämpft, in Probstheida wird Fußball gespielt, heißt es damals. Leitzke kann beides. "Ich habe fast mein ganzes Leben in Leutzsch zugebracht, bin also ein Grün-Weißer. Die Zeit bei Lok will ich trotzdem nicht missen. Die hatten da schon professionelle Strukturen." Und, siehe EC-Endspiel, Erfolg. 1989 kehrt Leitzke zu seinen Chemikern zurück, wird von den Fans gottgleich verehrt, legt sich zuweilen auch schon mal mit dem Cheftrainer an. Der Stürmer ist kein einfacher Charakter, packt die Ellenbogen aus.
    1996 ist die Profi-Karriere nach über 600 Spielen und knapp 200 Toren für Chemie beziehungsweise den FC Sachsen vorbei. 5000 Fans kommen zum Abschiedsspiel, viele haben Tränen in den Augen. Auch Leitzke selbst. "Ich habe Fußball geliebt, das war mein Leben." Es bleibt sein Leben. Er wird kurzzeitig fahnenflüchtig, spielt bei Grün-Weiß Eilenburg. 1999, Rückkehr nach Leutzsch. Leitzke coacht die C-Jugend, kickt für die 2. Mannschaft des FC Sachsen, absolviert ein Jahr später mit zarten 40 sein letztes Spiel. Danach wird er Coach der 2. Mannschaft. Trainer bei seinem Stammverein, ein Kreis schließt sich. 2003 wird der Kreis gewissermaßen größer. Leitzke wird Cheftrainer der Profis, kämpft wie früher in den gegnerischen Strafräumen um seine Chance. Er bekommt sie nicht. Nach zwei Spielen ist Schluss, geht es zurück ins 2. Glied. "Das hat weh getan." Es tut noch mehrfach weh. Bis zum Mai 2008 pendelt Leitzke zwischen 2. Mannschaft, 1. Mannschaft, Chefsessel und Assistenten-Schemel. Dann ist auch das Trainer-Kapitel Hans-Jörg Leitzke in Leutzsch beendet.
    Der A-Lizenz-Inhaber übernimmt den VfB Pößneck. Der ist mausgrau. Das weiß der neue Trainer. Der VfB ist aber auch fast mausetot. Das weiß der Neue nicht. Trennung 2010. Leitzke rennt immer noch einigen tausend Euro hinterher. Die Chemie-Legende hofft auf eine neue Chance, ist für fast alles zu haben. "Ich will wieder arbeiten!" - Heute wird gefeiert. Irgendwo in Leipzig.