LVZ 16.12.2010
Planung für RB-Zentrum beginnt
Kritik an "Geheimniskrämerei" der Vereinsspitze
Leipzig wird für die 28 Hektar große Fläche am Cottaweg, auf der Rasenballsport (RB) Leipzig ein Trainingszentrum errichten will, einen Bebauungsplan aufstellen. Das hat der Stadtrat gestern mit großer Mehrheit bei vier Gegenstimmen und vier Enthaltungen beschlossen. Vor der Entscheidung wurden kritische Stimmen laut.
Eine war die von Stadtrat Christian Schulze (SPD), der die "schlechte Kommunikation" der Stadtverwaltung über das 30-Millionen-Euro-Projekt thematisierte. Die Bürger hätten viele Fragen, die auch beantwortet werden müssen, so der Lindenauer. Wie berichtet, begründet die Stadt ihre Geheimniskrämerei über die Projekt-Details mit einer internen Abmachung zwischen Stadt und RB. Beide hätten vereinbart, dass RB nur ausgewählte Stadträte informiert und Medienanfragen selber beantwortet. Doch RB-Sprecher Hans-Georg Felder erklärt auf Fragen zu den Bauplänen nur: "Dazu äußern wir uns nicht."
Das sieht auch Stadtrat Siegfried Schlegel (Linke) kritisch. "Die Geheimniskrämerei von Red Bull ist nicht förderlich", erklärte er. "Sie entspricht auch nicht der Leipziger Tradition, die Bürger frühzeitig in Entscheidungen einzubeziehen."
Stadtbaurat Martin zur Nedden (SPD) kündigte an, dass die Bürger mehrfach die Möglichkeit erhalten werden, sich über das Vorhaben zu informieren und eigene Gedanken einzubringen. Alle planungsrechtlichen Schritte zum Trainingszentrum würden ergebnisoffen geführt, betonte zur Nedden. "Es ist auch nicht außergewöhnlich, dass jetzt noch keine Umweltverträglichkeitsstudie vorliegt. Sie ist Bestandteil des Verfahrens."
Stadtrat Norman Volger (Grüne) erneuerte seine Kritik an dem Projekt, das er für überdimensioniert hält. "Ich habe den Verdacht, dass städtebauliche Ziele umgesetzt werden sollen, die mit dem Trainingszentrum nichts zu tun haben", erklärte er. Ein Beispiel sei ein möglicher Ausbau der Erich-Köhn-Straße (die LVZ berichtete).
Stadtbaurat zur Nedden entgegnete, dass dieses Vorhaben noch ausreichend geprüft wird. "Es ist sehr unwahrscheinlich, dass wir mutwillig Verkehr durch ein Wohngebiet führen", sagte er. "Wir werden verschiedene Varianten prüfen." Für die FDP-Fraktion mahnte René Hobusch ein Verkehrskonzept an, um die zunehmend größer werdenden Verkehrsströme im Umfeld der Red-Bull-Arena und des künftigen RB-Trainingszentrums in den Griff zu bekommen. Er will einen Ratsbeschluss durchsetzen, der die Verwaltung beauftragt, ein Verkehrskonzept für die Gebiete rund um Arena und Stadion vorzulegen. Wie berichtet, kritisiert auch Leipzigs Polizeispitze die Verkehrssituation.
M. O./A. T.
Standpunkt
RB hat viel Porzellan zerschlagen
Von Andreas Tappert
Die Vereinsmanager der Kicker von Rasenballsport (RB) Leipzig haben sich viele Sympathien verscherzt. Nicht wegen ihrer Leistungen oder dem geplanten Bau eines Trainingszentrums in unmittelbarer Zentrumsnähe. Sondern wegen ihrer Geheimniskrämerei und eines Auftretens, das Leipzigs Bürger in die Ecke stellt.
Die verfehlte Informationsstrategie wird dem Verein bald noch mehr auf die Füße fallen, wenn die Rasenballer sie nicht abstellen. In den Stadtteilen rings um das geplante Trainingszentrum verfolgen die Anwohner mittlerweile argwöhnisch, was RB anstellt. Und auch im Stadtrat sind sich alle Fraktionen einig, dass das Auftreten der Vereinsoberen inakzeptabel ist.
Die Rasenballer haben viel Porzellan zerschlagen. Der Bonus, den sie noch vor wenigen Wochen in Leipzig hatten, ist weitgehend weg. Auch wenn in Leipzig jeder Interesse an hochwertigem Fußball hat: Bei den nächsten RB-Projekten wird jetzt ganz genau hingeschaut.
@a.tappert@lvz.de
Leserbriefe
Zum Beitrag "Red Bull verschreckt seine Nachbarn" vom 11./12. Dezember:
Laut oben genanntem Artikel hat sich Ordnungsbürgermeister Heiko Rosenthal kategorisch geweigert, Fragen zu beantworten, solange Zuschauer die Beiratssitzung verfolgen. Weiter so, Herr Bürgermeister! Schließlich könnte ja eine informierte Öffentlichkeit lästig werden und einen Deal vermasseln.
Ein Investor, der die Öffentlichkeit erst dann informieren will, wenn alle Verträge unterzeichnet und nicht mehr veränderbar sind, verdient meines Erachtens weder Entgegenkommen noch Vertrauen. Allein schon die Andeutung, sein Leipziger Engagement von der Zustimmung zu seinem gewünschten Projekt abhängig zu machen, kommt einer Nötigung nahe.
Eberhard Gaitzsch, 04209 Leipzig
Lesertelefon
Gestern am Telefon Mahnung an Rasenball ..
Über den Einfluss des Fußballvereins Rasenball Leipzig auf den Breitensport machte sich Fred-Detlef Turrak gestern am Lesertelefon so seine Gedanken. Die Planungen für ein Trainingszentrum sieht der 63-Jährige mit gemischten Gefühlen. Turrak war selbst lange Trainer von Nachwuchskickern und befürchtet, dass RB die Talente aus den Leipziger Vereinen wegkaufen werde, wenn das Trainingszentrum fertig sei. "RB sollte einen Teil des Geldes lieber den Leipziger Vereinen zukommen lassen, statt sich irgendwann die besten Rosinen rauszupicken", schlägt Turrak vor. Die Abwanderung der Talente ins Leistungszentrum würde die Vereine demotivieren, sich weiter der Jugendarbeit zu widmen. "Wenn die RB-Manager es wirklich ernst meinen mit der Integration des Vereins in Leipzig, sollten sie in die Breite des Nachwuchsfußballs investieren. Dann hätten alle etwas davon", schlägt Turrak vor.