Die DDR Sportvereinigungen und ihre Betriebssportgemeinschaften, Sportclubs sowie die daraus herausgelösten Fussballclubs

Allgemein: Die DDR Sportvereinigungen und ihre Betriebssportgemeinschaften, Sportclubs und die daraus herausgelösten Fussballclubs


DDR Sportvereinigungen (ab 1950)


Am 03.04.1950 beschloss der Deutsche Sportausschuss die Einführung der Sportvereinigungen. Diese wurden in den folgenden Jahren aufgebaut und nach der Branchenstruktur des Freien Deutschen Gewerkschaftsbundes gegliedert.

In der DDR gab es 18 Sportvereinigungen, davon 16 zivile.

So entstanden die Sportvereinigungen Aktivist, Anker (später zu Motor), Aufbau, Chemie, Deutsche Volkspolizei (später Dynamo), Einheit, Empor, Fortschritt, Lokomotive, Mechanik (später zu Motor), Medizin, Motor, Post, Rotation, Stahl, Sturmvogel (später zu Vorwärts), Traktor, Turbine, Vorwärts, Wismut und Wissenschaft. Später gliederten sich einige Sportvereinigungen anderen SV´s an.

Die Sportvereinigungen waren wichtige Säulen in der Anfangszeit des DDR-Sports. Sie hatten die Aufgabe, die Förderung der Sportgemeinschaften innerhalb ihres Gewerkschaftsbereiches zu organisieren und den Sportverkehr zu regeln. Letzteres geschah unter anderem durch die Organisation zentraler SV-Wettkämpfe, aber auch durch Einflussnahme beim Sportlerwechsel zu anderen Sportgemeinschaften. Gegliedert waren die Sportvereinigungen in Bezirksorganisationen. Alle Sportgemeinschaften erhielten entsprechend ihrer übergeordneten Sportvereinigung einheitliche Namen.

Als ab 1954 der Leistungssport vom Breitensport separiert wurde, gründeten alle Sportvereinigungen bis auf die SV Medizin und die SV Post einen Sportclub (SC), manchmal auch mehrere. In der Regel wurde der Sportclub in einer Stadt angesiedelt, in der ein leistungsstarker VEB des jeweiligen Gewerkschaftsbereichs die Funktion des Trägerbetriebs übernahm.

Mit Gründung des Deutschen Turn- und Sportbundes 1957 wurden die meisten Sportvereinigungen wieder aufgelöst. Ausnahmen bildeten die Sportvereinigungen Dynamo, Vorwärts, Lokomotive und Wismut. Diese wurden den Bezirksorganisationen des Deutschen Turn- und Sportbundes gleichgestellt.

Als die Sportclubs der Sportvereinigungen ab 1961 den Bezirkssportclubs wichen, gab es die meisten Sportvereinigungen bereits nicht mehr. Somit wurde die bisherige Systematik mit den Sportvereinigungsbezeichnungen in den BSG- oder SC Namen durchbrochen, was sich 1965/66 bei der Gründung Der Fussballclubs (FC) fortsetzte.



Die Sportgemeinschaften/Betriebssportgemeinschaften der Sportvereinigungen


In der Sowjetischen Besatzungszone wurden ab 1945 neue Sportgemeinschaften gegründet. Ab Ende der 1940er Jahre erfolgte eine Umstrukturierung. Die Sportgemeinschaften wurden Trägerbetrieben zugeordnet. Dies machte sich auch äußerlich am SG-Namen bemerkbar; die anfangs nach dem Muster „SG + Ortsname (+ Ortsteil)“ gebildeten Bezeichnungen für die Sportgemeinschaften (beispielsweise SG Gohlis Nord) wichen dem Kürzel „BSG“ (Betriebssportgemeinschaft). Zwischen dem Kürzel und dem Ortsnamen wurde in der Regel ein weiterer Namensbestandteil eingeschoben. Dieser stand nach sowjetischem Vorbild in engem Bezug zum Gewerkschaftsbereich des jeweiligen Trägerbetriebes. Die Betriebssportgemeinschaften übernahmen die Namenszusätze und Wappen der Gewerkschaftlichen Sportvereinigungen. Nach der Auflösung der meisten SV´s im Jahr 1957 behielten die (Betriebs-) Sportgemeinschaften die Namenszusätze und die Wappen der Sportvereinigungen als Grundvariante bei.

Die Sportclubs der Sportvereinigungen und deren Nachfolger

Die Sportclubs entstanden ab 1954 als Leistungssportzentren der Sportvereinigungen. Hier wurden besonders talentierte Sportler in schwerpunktmäßigen Sportarten trainiert.

Nach der Auflösung der meisten Sportvereinigungen im Jahr 1957 wurden die Sportclubs als bezirkliche Leistungssportzentren ausgebaut. Die meisten Sportclubs behielten den Namenszusatz der Sportvereinigungen und deren Wappen als Grundvariante bei.

Ab 1961 erfolgte auf staatliche Anordnung eine verstärkte Konzentration der Sportclubs. Idealerweise sollte jeder Bezirk einen Sportclub haben, der in der Bezirkshauptstadt anzusiedeln ist. Zu Beginn der 1960er Jahre gab es in fast allen Bezirken Sportclubs, die die Sportvereinigungen gegründet hatten.

Dass die Sportclubs der Sportvereinigungen ab 1960 komplett den Bezirkssportclubs wichen, äußert sich daneben unter anderem auch in diversen Fusionen und Umbenennungen. In Berlin, wo 1960 fünf Sportclubs (Dynamo, Vorwärts, Einheit, Rotation und Oberschöneweide) bestanden, sollte deren Anzahl mittels Bildung eines großen zivilen Sportclubs verringert werden. Dies geschah durch die Zusammenlegung von Einheit und Rotation Berlin mit dem TSC Oberschöneweide zum TSC Berlin. Im Bezirk Cottbus entstand 1963 anstelle des aufgelösten SC Aktivist Brieske-Senftenberg der SC Cottbus in der Bezirkshauptstadt. Im Bezirk Karl-Marx-Stadt wurde ebenfalls 1963 der SC Wismut aufgelöst und Motor Karl-Marx-Stadt in SC Karl-Marx-Stadt umbenannt. Im Bezirk Leipzig vereinigten sich 1963 die Sportclubs Rotation und Lokomotive zum SC Leipzig, ein Jahr später änderte der SC Wissenschaft DHfK seinen Namen in SC DHfK Leipzig. Am 27. Juli 1965 folgte schließlich die Umbenennung des SC Aufbau Magdeburg in SC Magdeburg.

Binnen zwei Jahren waren somit die noch von den Sportvereinigungen herrührenden Bezeichnungen Rotation, Aktivist, Lokomotive, Wismut, Wissenschaft und Aufbau aus den Sportclubnamen weggefallen. Im Jahr 1965 befand sich nun in jedem Bezirk genau ein ziviler Sportclub. „Zivile“ Sportclubs waren jene, die nicht der ASV Vorwärts oder der SV Dynamo angehörten, die beide weiterhin mehrere, über die gesamte DDR verteilte Leistungsschwerpunkte betrieben. Bis auf SC Motor Zella-Mehlis (Bezirk Suhl) und SC Motor Jena (Bezirk Gera) waren alle zivilen Sportclubs in den Bezirkshauptstädten angesiedelt.

Die Sportclubs bestanden in dieser Form bis zur Wende 1990.

Ende 1965 erhielt der Fußball eine Sonderstellung im Leistungssportsystem der DDR: Aus zehn bestehenden Sportclubs wurden eigene Fußballclubs herausgelöst, die danach den Spielbetrieb in der DDR-Oberliga bestimmten.

Da der Fußball nur noch in den zehn neugebildeten Fußballclubs gefördert werden sollte, schieden auch aus allen anderen Sportclubs die Fußballsektionen aus. Sie schlossen sich meist wieder Betriebssportgemeinschaften an und spielten unter anderem Namen weiter.



Die Fussballclubs der DDR

Seit Einführung der Sportclubs ab Mitte der 1950er Jahre dominierten deren Fußballsektionen weitgehend den Spielbetrieb der Fußball-Oberliga. Infolge eines Beschlusses von DTSB-Funktionären erhielt der Fußball Ende 1965 eine Sonderstellung im Leistungssportsystem der DDR mit dem Ziel, das Niveau der Oberliga weiter zu heben und den Spitzenfußball gezielter zu fördern. Aus sämtlichen Sportclubs wurden die Fußballsektionen herausgelöst. Zehn Sektionen wurden zu Fußballclubs bestimmt und erhielten damit im Dezember 1965 bzw. im Januar 1966 den Status eines eigenständigen Sportclubs. Bis auf den FC Carl Zeiss Jena waren alle in Bezirkshauptstädten bzw. in Ost-Berlin angesiedelt. Vorgesehen war maximal ein Fußballclub pro Bezirk, wobei Berlin eine Ausnahme bildete. Neben den beiden staatlich bzw. militärisch gelenkten Clubs BFC Dynamo und FC Vorwärts entstand dort als ziviles Gegengewicht mit dem 1. FC Union ein dritter Fußballclub. Dies ist insofern bemerkenswert, als dass eigentlich nur die stärksten Fußballsektionen für eine Fußballclubbildung in Frage kamen, Union-Vorläufer TSC Berlin war zu dem Zeitpunkt jedoch nur Zweitligist. Sechs weitere, teilweise höherklassige Sportclubs verloren hingegen ihre Fußballsektionen, die an Betriebssportgemeinschaften angegliedert wurden.

Eine Sonderstellung nimmt die SG Dynamo Dresden ein. Sie war dem Namen nach nie ein Fußballclub, sondern eine Sportgemeinschaft. Gegründet bereits am 12. April 1953, kam ihr aber als Fußball-Schwerpunktzentrum der Sportvereinigung Dynamo eine besondere Förderung zu, die jener der Fußballclubs glich. Eine weitere Besonderheit stellt der FC Vorwärts dar. Dieser von der Armeesportvereinigung Vorwärts getragene Fußballclub spielte von 1966 bis 1971 als FC Vorwärts Berlin in der Hauptstadt der DDR. Dann wurde er im Zusammenhang mit dem Umzug des ASK Vorwärts Berlin nach Frankfurt (Oder) ebenfalls in diese Bezirkshauptstadt „delegiert“ und trat fortan unter der Bezeichnung FC Vorwärts Frankfurt (Oder) an.

Die Förderung der Sportclubs bzw. der Fußballclubs als alleinige Leistungszentren führte, mit der Umsetzung des DFV-Fußballbeschlusses von 1970, zu einer politisch gewollten Zwei-Klassen-Gesellschaft in der Fußball-Oberliga: Die erheblich geförderten und unter weitgehend professionellen Bedingungen arbeitenden Clubs dominierten den Spielbetrieb in jeder Hinsicht. Die besten Betriebssportgemeinschaften (BSG) dienten dagegen nur als Reservoir an talentierten Nachwuchsspielern, die später zu den großen Fußballclubs „delegiert“ wurden. Die Spielertransfers wurden nach der in der DDR typischen Verfahrensweise nicht mit Geld getätigt, sondern im Zuge der Leistungskonzentration und mit sportpolitisch begründeter Notwendigkeit abgewickelt. Nach 1954 wurde deshalb nur einmal eine BSG-Mannschaft DDR-Fußballmeister: im Jahr 1964 die BSG Chemie Leipzig, welche jedoch im Vorjahr aus Spielern zweier aufgelöster Sportclubs zusammengestellt worden war.

Im Zuge der Wende erlangten die Fußballclubs 1990 den Status eingetragener Vereine. Fünf von ihnen – Union, Erfurt, Jena, Magdeburg und Rostock – wurden nach der Wende nicht umbenannt, wobei Rot-Weiß Erfurt aber zumindest ein neues Vereinslogo erhielt. Die anderen fünf Fußballclubs gaben sich neue Namen. Der HFC strich die Bezeichnung „Chemie“, der BFC Dynamo wurde zum FC Berlin und Vorwärts Frankfurt hieß ab 1991 zunächst FC Victoria 91 Frankfurt (Oder) und ab 1992 Frankfurter FC Viktoria 91. Im Fall des FCK wurde die neue Namensgebung nicht zuletzt wegen der Rückbenennung der Stadt Karl-Marx-Stadt in Chemnitz notwendig, weshalb sich der Verein dann Chemnitzer FC nannte. Der 1. FC Lok Leipzig ging 1991 im Gesamtverein VfB Leipzig auf. Später nahm der FC Berlin wieder seinen früheren Namen BFC Dynamo an; gleiches gilt für die zwischenzeitlich in 1. FC Dynamo Dresden umbenannte SG Dynamo Dresden. Seit 2003 gibt es durch Neugründung auch wieder einen 1. FC Lokomotive Leipzig. Sechs der elf ehemaligen Fußball-Leistungszentren – Union, Dresden, Jena, Leipzig, Magdeburg und Rostock – führen zudem noch bzw. wieder ihre Vereinslogos aus der DDR-Zeit.









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