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Frankfurt/Main. Lars Wurst ist ein athletischer und lebenslustiger
Mann. Seinen Drang nach Bewegung hat auch ein tragischer Motorradunfall,
bei dem er vor neun Jahren ein Bein verlor, nicht bremsen können. Der
ehemalige Speerwerfer jagt mit großer Begeisterung dem runden Leder
nach. In diesen Tagen sitzt der Behindertenfußballer aus Melsungen
allerdings viel vor dem Computer und bangt um seinen großen sportlichen
Traum - die erstmalige Teilnahme an der Weltmeisterschaft. Im Internet
sucht er nach Geldgebern, die die Reise des vor knapp zwei Jahren
gegründeten 1. Amputierten Fußball Club zu den Titelkämpfen vom 30.
November bis 7. Dezember in Mexiko finanzieren.
„Wir benötigen 16 000 Euro“, sagt Wurst und fügt hinzu: „Der Deutsche
Fußball-Bund und der Deutsche Behindertensportverband unterstützen uns
nicht, weil wir kein gemeinnütziger Verein sind. Wir bewegen uns im
Niemandsland.“ Wurst und seine Teamkollegen verfügen über eine
offizielle Turniereinladung vom Weltverband, der die Kosten für Hotel
und Verpflegung übernimmt. Die Flüge muss der deutsche Tross mit zwölf
Spielern sowie je einem Trainer, Betreuer, Physiotherapeuten und
Schiedsrichter aber aus der eigenen Tasche bezahlen. „Selbst Länder wie
Haiti, Angola oder Georgien haben ihre Reisekosten zusammen und nehmen
an der WM teil“, klagt Wurst.
Mittels Crowdfunding soll das Geld bis zum kommenden Montag beschafft werden. Bis
dahin müssen die einbeinigen Kicker, die ohne Prothesen an Krücken
spielen, eine definitive Startzusage geben. „Unser Ziel ist es, die
Fußball-Nation Deutschland bei der WM zu vertreten! Darüber hinaus sehen
wir darin die große Chance, unsere Sportart bekannter zu machen und die
damit verbundene Möglichkeit, neue Spieler dafür zu begeistern“,
schreibt Wurst in seinem Spendenaufruf. Bis zum Dienstagvormittag kamen
1186 Euro zusammen. Unterstützt wurden Wurst und seine Mitstreiter auch
von Weltmeister Bastian Schweinsteiger. Der DFB-Kapitän schickte ein von
ihm signiertes Trikot zur Versteigerung im Internet.
Sollte es mit der WM-Teilnahme klappen, wäre dies auch ein wichtiges
Signal für die Zukunft. 2020 soll der Behindertenfußball erstmals im
Programm der Paralympics stehen. Noch hinkt man im Land des Weltmeisters
der internationalen Entwicklung aber weit hinterher. „In England sind
sie da schon 10 bis 15 Jahre weiter. Die machen dort richtige
Trainingscamps“, berichtet Wurst. In Frankreich oder Polen gebe es
ebenfalls entsprechende Strukturen.
In Deutschland sind dagegen bisher nur 26 Spieler im Alter von 19 bis
53 Jahren - darunter zwei Frauen - aktiv. Einmal im Monat treffen sie
sich zum gemeinsamen Wochenendtraining in Hoffenheim, wo sie durch die
Aktion „Anpfiff ins Leben“ unterstützt werden. „Wir bekommen kostenlose
Unterbringung und Verpflegung“, erzählt Wurst. Sportlich können die
Deutschen auf internationalem Terrain daher noch nicht mithalten.
Damit es auch leistungsmäßig bergauf geht, trainiert Wurst seit einem
Jahr regelmäßig mit „Zweibeinern“ beim TSV Schwarzenberg. Vom
Inklusionstraining profitiere er, berichtet Wurst; Integrationsprobleme
habe es nicht gegeben. „Ich bin dort bombig aufgenommen worden“, erzählt
der Vater einer kleinen Tochter. Nun will er sein Können auch bei der
WM zeigen.