LVZ vom 23. und 24.09.2011
RB-Sportdirektor im Stress: A-Junioren-Coach Schössler weg, Hertha vor der Brust, Fans im Clinch
Leipzig. Drei Spiele, drei Pleiten, dann ein Rücktritt mit süßsaurem Geschmäckle: Der jüngst zum A-Junioren-Trainer der Roten Bullen gekürte Detlef Schössler ist nicht mehr Coach des Talente-Schuppens, wird von Co-Trainer Lars Weißenberger ersetzt. Auch diese Personalie zeigt: Im Club und in der berühmten 0,2-l-Dose herrscht Dauerdruck.
Von Guido SchäferSchössler, 48, ist eine Nummer im Ostfußball, stand in der DDR-Nationalmannschaft, die am 12. September 1990 beim legendären 2:0-Sieg in Belgien letztmals für den Arbeiter- und Bauernstaat kickte. Nach seiner Profikarriere (Magdeburg, Dresden, VfB Leipzig) stieg der Verteidiger ins Trainergeschäft ein, heuerte nach diversen Stationen bei RB Leipzig an. Auftrag an den Regionalliga-Coach der A-Junioren: Aufstieg in die Bundesliga.
Nach drei Niederlagen war Ende Gelände. Begründung für die Vertragsauflösung: berufliche Neuausrichtung. Sportdirektor Wolfgang Loos: "Herr Schössler wollte uns verlassen, er sprach von einer Bauchentscheidung." Durchgesickert aber auch: Schössler und Nachwuchsleiter Ivo Jungbauer hatten ein Verhältnis wie Stefan Mross und Stefanie Hertel.
In der Profiabteilung ruht an der Entlassungsfront still der See. "Ständige Gesichterwechsel sind nie gut", sagt Loos, der das Projekt Bundesliga bis zum Ziel erleben will. Der 56-Jährige hat viel zu tun, löste gestern den Vertrag mit Schössler auf, sammelt intime Informationen über den kommenden Gegner Hertha BSC Berlin (Sonntag, 13.30 Uhr, Olympiapark) und zerbricht sich zudem den Schädel über die eigene Fanszene.
Die wird zwar stetig größer, ist aber gespalten. Die vom Club anerkannten offiziellen Fanclubs (OFCs) und die unabhängigen Gruppierungen wie die "Rasenballisten" sind sich nicht mehr grün. Die OFCs folgen bedingungslos ihren Roten Bullen, zuweilen auch den Direktiven derselben. Die "Rasenballisten" sind laut offenem Brief gegen die "totale Verbullung" im Verein. Die Abneigung gipfelte beim Magdeburg-Spiel darin, dass die einen das Liedgut der anderen ignorierten. Folge war eine Stimmung wie beim Kirchentag. RB-Fanbeauftragte Sandra Walz ist in der Spur, will Frieden stiften....
Aus für hochschwangere Kuh
Neuer RB-Auftritt: Maskottchen muskelbepackt, Rasenball auf dem Index / Heute bei Hertha
Leipzig. Weltfirmen wie Red Bull schwören auf Corporate Identity. Bedeutet: Wiedererkennung der Marke, Selbstverständnis des Unternehmens, einheitlicher Auftritt. In Leipzig wird in diesen Tagen am Erscheinungsbild gefeilt. Das an eine hochschwangere Kuh erinnernde RB-Maskottchen wurde durch einen muskelbepackten Bullen ersetzt. Der Begriff Rasenball steht auf dem Index. Die logische Umbenennung in "Rote Bullen Leipzig" soll noch kein Thema sein.
Von Guido Schäfer
Auch im heutigen Spiel bei Hertha BSC Berlin (13.30 Uhr, Olympiapark) ächzt der Club unter dem Wortungetüm Rasenballsport Leipzig. Kurz: Rasenball. Erinnert an Federball. Oder Brennball. Oder Völkerball. Alles sehr breiter Breitensport. Rasenball hat rein gar nichts von wilder Entschlossenheit, kann auch nicht mit viel Fantasie mit der Power-Brause in Verbindung gebracht werden, passt nicht zur: Corporate Identity.
Jetzt wird der Kurs so weit es geht korrigiert, Identität gestiftet. Die offiziellen RB-Fanclubs haben "Rasenball" aus ihrem Sprachgebrauch eliminiert, alle Mitteilungen des Vereins sind mit die "Roten Bullen" überschrieben. Eine (logische) Umbenennung in Rote Bullen Leipzig sei aktuell "kein Thema", sagt Club-Sprecher Sharif Shoukry. Muss nicht so bleiben. Übrigens: Das neue Maskottchen ist noch namenlos, Vorschläge sind unter marketing.rbleipzig@redbulls.com ausdrücklich erwünscht. Und es ist entgegen anderslautender Gerüchte unwahr, dass unter Fell und Brustpanzer ein bei Peter Pacult ausgemusterter Fußballer steckt. ...