LVZ von heute
RB Leipzig muss sich Auflagen des DFB beugen
Machtverhältnisse bei Rasenballern entsprechen nicht deutschen Statuten
Leipzig. Beim Regionalliga-Tabellenführer RB Leipzig läuft es nach dem 5:0 in Lübeck und vor dem Sonntag-Derby gegen den FC Magdeburg sportlich nach Wunsch. Sorge bereiten die vom Deutschen Fußball-Bund (DFB) monierten Machtverhältnisse im von Red-Bull-Gründer Dietrich Mateschitz finanzierten Verein.
Von Guido Schäfer
Nach dem jetzigen Stand der Dinge würde der 2009 gegründete Club keine Zulassung für die dritte Profiliga bekommen. Beim DFB in Frankfurt/Main wurde das Konstrukt RB Leipzig durchleuchtet und Gesprächsbedarf angemeldet. Wie exklusiv berichtet, gab es bereits mehrere Treffen zwischen DFB-Abordnungen und RB-Vertretern, in denen es um die formale und juristische Daseinsberechtigung der Roten Bullen im deutschen Profifußball ging.
Die Statuten des Vereins sind ­momentan nicht mit den strengen ­Zulassungsbestimmungen des DFB vereinbar. So existiert die Mitgliederversammlung als souveränes Club-Organ bei RB Leipzig nur auf dem Papier und hat nicht die im deutschen Vereinsrecht verankerten Kompetenzen. Die Macht liegt aktuell bei einem dreiköpfigen Ehrenrat, der von den sieben RB-Gründungsmitgliedern für sieben Jahre bestimmt wurde. Der Ehrenrat wiederum besteht aus drei Österreichern, die Vertraute von Dietrich Mateschitz sind.
Weiterer Kritikpunkt ist die Nichtaufnahme von Mitgliedern. Rainer Milkoreit, Präsident des Nordostdeutschen Fußball-Verbandes (NOFV), sieht darin nicht das Hauptproblem, sondern in der Einhaltung der 50+1-Regel. "Ich bin überzeugt, Rasenball weiß, was auf den Verein zukommt und wird die Auflagen erfüllen. Ich kann mir nicht vorstellen, dass es im Raum Leipzig angesichts der Entwicklung von Rasenball keine Interessierten gibt, die Mitglied in diesem Verein werden wollen. Das wird man doch nicht verhindern wollen", sagte er.
Der renommierte Sportrechts-Anwalt Christoph Schickhardt, RB-Sportdirektor Wolfgang Loos und der neue Vorstands-Chef Florian Müller führen die Verhandlungen mit dem DFB. "Das ist ein sensibles Gebilde", sagte Schickhardt, "wir stehen in ständigem Kontakt mit dem DFB.
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Schon beim Aufstieg in die Regionalliga im Mai 2010 war der etwas andere Club anders als alle anderen gestrickt, drückten die DFB-Sittenwächter ein Auge zu. Tenor im DFB-Machtzentrum in Frankfurt/Main: Dem zarten Pflänzlein Hoffnung für Leipzigs Fußball dürfen wir nicht den Stängel abschneiden. Annahme der DFB-Granden um Theo Zwanziger und dem DFB-Satzungsexperten Rainer Koch: Die Rasenballer werden ihre Hausaufgaben schon noch machen und sich deutschen Verhältnissen anpassen. Ein Irrglaube, der Stand der Dinge ist unverändert.
So existiert die Mitgliederversammlung als Vereins-Souverän bei RB nach wie vor nur als Hülle, hat nicht die im deutschen Vereinsrecht verankerten Kompetenzen. Bei den Rasenballern lief die Nummer so: Die sieben RB-Gründungsmitglieder (unter anderem Ex-Präsident Andreas Sadlo) beriefen für die kommenden sieben (!) Jahre einen dreiköpfigen Ehrenrat. Diese drei Österreicher sind Vertraute von Red-Bull-Gründer Dietrich Mateschitz und haben - im Schulterschluss mit Mateschitz - die alleinige Macht.
Basisdemokratische Mitbestimmung durch Mitglieder? Nicht mit mir, sagt sich Milliardär Mateschitz, der eine andere Devise als naturgegeben ansieht: Wer bezahlt, bestimmt! Dazu muss man wissen, dass in der österreichischen tipp3-Bundesliga alle Macht vom Geldgeber ausgeht, Fußballer wandelnde Litfaßsäulen sind. Clubs wechseln notfalls über Nacht den Besitzer, die Farbe der Trikots, alles. Siehe die Wandlung von Austria Salzburg zu Red Bull Salzburg 2005.
Dieses Spiel ohne Grenzen wird in Deutschland nicht gespielt. Hier gibt es einen engen Rahmen, steht die berühmt-berüchtigte 50-plus-1-Regel wie ein Fels in der Investoren-Brandung. Und Werbung auf dem Spieler-Hintern ist auch nicht drin.
Im Mai 2010 ließ der DFB Gnade vor Recht ergehen, erlaubte den Aufstieg in die vierte Liga. Diesmal wird im Detail auf die Wahrung der Zulassungstatuten geachtet. Nach Informationen dieser Zeitung gab es bereits im Oktober 2010 ein geheimes Treffen zwischen DFB-Vize-Präsident Rainer Koch und den RB-Machern Dieter Gudel und Dietmar Beiersdorfer. Koch machte deutlich, dass sich die Rasenballer auf dünnem Eis bewegen und ohne Satzungsänderungen einbrechen werden. Der RB-Ehrenrat wiederum hatte keine Lust, sich beschneiden zu lassen. Sogar der Gang vor ein ordentliches Gericht soll Thema gewesen sein.
Irrwitzig in diesem Zusammenhang: Im Januar 2011 flogen die Fußballer für viel Geld und mit Neuzugang Rockenbach da Silva in ein zweiwöchiges Camp und riefen die Aufholjagd auf Platz eins aus. Heute muss man sagen: Gottlob kam Platz eins nie in Sichtweite. Die Lizenz für Liga drei hätte es nur gegeben, wenn sich RB runderneuert hätte. Wäre in der Kürze der Zeit und in Art und Umfang ein Kraftakt gewesen: Einberufung einer Mitgliederversammlung, Abstimmung über Satzungsänderungen et cetera.
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